Walter Neuhäusser Architekt BDA.dwb
9. Oktober 1926 – 16. Januar 2021
In Oberbrechen am 9. Oktober 1926 als Sohn der Eheleute Joseph und Rosa Neuhäusser, geb. Ricker geboren – der Vater war ein weithin bekannter Dirigent und Komponist – besuchte er die Schule in Limburg und machte eine Berufsausbildung als Kulturbautechniker beim Limburger Kulturamt. 1943 wurde er zunächst zum Arbeitsdienst und daran anschließend zur Wehrmacht eingezogen. Er kam in der Normandie zum Fronteinsatz, wurde gefangen genommen und landete in Cherbourg im Lager. Die Begegnung mit Frankreich und den Franzosen hinterließen einen tiefen Eindruck bei ihm; hier liegt die Grundlage seiner engen Beziehung zu diesem Land, in dem er fast alle späteren Urlaube verbrachte. Eine zweite entscheidende Prägung sollte der Fund eines Heftes der Zeitschrift „das neue frankfurt“ – eines der wichtigsten Organe der modernen Architektur der 20er und 30er Jahre – darstellen. Es wurde ihm klar, dass dies seine Berufung sei, die zum Architekten, der mit den Mitteln einer konsequenten, den neuesten Techniken verpflichteten Baukunst gestaltet. Zwar musste er, als er 1946 wieder nach Limburg zurückkam, erst fünf Jahre lang seinem Brotberuf als Kulturbautechniker nachgehen, doch dann hatte er die Mittel, um den Abiturkurs am Goethe-Gymnasium in Frankfurt zu besuchen. Danach begann an der Staedelschule – Staatliche Hochschule für bildende Kunst - in Frankfurt bei Professor Johannes Krahn das Studium. Er gehörte damit zu den ersten Architekten am Staedel nach dem 2. Weltkrieg. Während des Studiums arbeitete er in verschiedenen Architekturbüros in Frankfurt, zuletzt in dem von Johannes Krahn.
Nach Studienabschluss 1956 wagte er sofort den Schritt in die Selbständigkeit.
Aufsehenerregende Wohnhäuser und Ladenumbauten entstanden in Limburg, auch im Messebau war er tätig. Der erste große Erfolg war dann der 1960 gewonnene Wettbewerb für das Freibad in Limburg. Die Pläne hatte er zusammen mit seinem Studienfreund Johannes P. Hölzinger ausgearbeitet. Das Bad, wegen der äußerst knappen Finanzmittel mit sehr einfachen Materialien errichtet, galt lange als schönstes Freibad in Hessen. Leider wurde es nicht so gepflegt, wie es gerade die bescheidenen Materialien erfordert hätten. So wurden die Hochbauten später durch die des „Parkbades“ ersetzt, das den Vergleich mit seinem Vorgänger nicht aushält.
1961 wurde er in den Bund Deutscher Architekten BDA berufen.
Erste Arbeit an einem bedeutenden Denkmal war ab 1962 die Wiederherstellung und Teilrekonstruktion des im Krieg schwer beschädigten Karmelitenklosters Springiersbach in der Eifel, das in seinen Ursprüngen auf 1135 zurückgeht.
Sehr früh schon interessierten ihn leichte Flächentragwerke und Schalenkonstruktionen. Höhepunkt dieser Untersuchungen war in den frühen 60er Jahren die Planung der Kirche St. Hildegard in Limburg, zwei hyperbolisch-paraboloiden Schalen. Der Bau erregte großes Aufsehen. Dies bewog die Kollegen Störmer, Bremen und Nissen, Wiesbaden, die einen Wettbewerb für ein Hallenbad in Hamburg gewonnen hatten, ihn zur Überarbeitung des Wettgewerbsergebnisses heranzuziehen. Es entstand 1964, zusammen mit dem Statiker Professor Leonhard, dem Erbauer fast aller Fernsehtürme in Deutschland, an der Sechslingspforte in Hamburg die große Schwimmhalle, ebenfalls aus zwei freitragenden hyperbolisch-paraboloiden Betonschalen, die die Hamburger anerkennend „Schwimmoper“ tauften. Diesen beiden Großbauten folgten neun kleinere Schalenkonstruktionen an verschiedenen Orten, insbesondere für Friedhofshallen.
An der Glasfachschule in Hadamar unterrichtete er 1975 – 1990 die zukünftigen Glastechniker in konstruktivem Glasbau. Später, 1976 – 1978, hat er den Studenten der Fachhochschule Koblenz die Grundlagen der leichten Flächentragwerke vermittelt, die er sich in den 60er Jahren erarbeitet hatte.
Seine Kenntnisse als Architekt und sein Gespür für gewachsene historische Strukturen brachte er als Stadtverordneter der CDU ein, als das große Projekt Stadtsanierung anstand. In der Folge realisierte er zahlreiche Sanierungsmaßnahmen in Limburg und im benachbarten Rheinland-Pfalz. Neben verschiedenen Fachwerkbauten war es vor allem der im Kern mittelalterliche Walderdorffer Hof die seinen vollen Einsatz forderten. Seine gewonnenen Erkenntnisse stellte er der Stadt dann wieder als Mitglied des Denkmalbeirates zur Verfügung.
Im Laufe seiner 50jährigen selbständigen Tätigkeit hat er mit drei Partnern zusammen gearbeitet, mit Erich Kramm, Niederbrechen, Franz Josef Hamm, Limburg und Axel Schmitt Limburg. Dies ermöglichte ihm 1976 noch einmal ein Stipendium für die Villa Massimo in Rom anzunehmen. Im gleichen Jahr wurde er in den Deutschen Werkbund berufen.
Nach seinem Rückzug in den Ruhestand Ende 2000 führt Axel Schmitt das Büro in seinem Sinne weiter.
Wenn sein Werk auch nicht in allen Teilen unbeschädigt erhalten ist, so ist seine Bedeutung als wichtigster Vertreter der Architektur nach dem 2. Weltkrieg im Raume Limburg unbestritten.
Text: © Franz Josek Hamm für den BDA Hessen